Serie Schach 121
Schach in Müllrose
Schon traditionell wurde vom Schachverein Briesen am vorletzten Wochenende der Schulferien ein Schachturnier mit überregionaler Beteiligung organisiert. Und es waren auch wieder viele sehr gute Schachspieler aus Berlin, Greifswald, Torgelow, Senftenberg und anderen weiter entfernten Orten angereist. Das Hauptkontingent rekrutierte sich natürlich mit Schachspielern aus der näheren Region. Im Vergleich zu den zurückliegenden Jahren, an denen immer um 150 Schachspieler teilnahmen, hatte sich die Teilnehmerzahl auf 120 reduziert. Als Spielort fungierte wieder die Schulsporthalle von Briesen, die allerdings den Mangel hat, dass bei heißem Sommerwetter das Turnier in der nicht klimatisierten Halle zu einer unerträglichen Hitzeschlacht wird. Das war schon in den Jahren zuvor der Fall und war wohl auch die Ursache, dass angesichts der fortschreitenden Klimaveränderung auch für dieses Jahr nichts anderes zu erwarten war (was auch eintrat!) Das erklärt auch die reduzierten Anmeldezahlen zu den Schach-Open in Briesen. Von der Schachabteilung Müllrose hatten Eckhard Philipp, Michael Stuckart und Rosemarie Bischoff am Turnier teilgenommen. Bestes Ergebnis erzielte Eckhardt Philipp mit 3,5 Punkten in seiner Gruppe und erreichte damit den 6.Platz. Etwas weniger erfolgreich war Michael Stuckart mit 3 Punkten. Rosi Bischoff kam in ihrer Gruppe ebenfalls auf 3 Punkte. Hier ein paar Impressionen von den diesjährigen XXI. Briesener Open.
Hinweis zur nächsten Stadtmeisterschaft 2019/20, die ab Oktober startet und als halboffene Meisterschaft für alle Schachfreunde mit Wohnsitz im Schlaubetal und für Vereinsmitglieder des MSV Müllrose 1898 e.V. ausgetragen wird. Anmeldung bitte donnerstags im September ab 17.00 Uhr in unserer Spielstätte am Sportplatz Hohenwalder Weg.
Schachgeschichte(n) Ein Stralsunder Schachmünchhausen
Eine besondere Disziplin im Schach ist das Problemschach. Ein Gegner wird nicht gebraucht, alles spielt sich im Kopf ab. Hierbei werden Schachstellungen auf das Schachbrett gezaubert, die meist so komponiert sind, dass sie kaum aus einer normalen Schachpartie entstammen könnten. Für die Lösung der Aufgaben besteht die Forderung, dass nach einer vorgegebenen Zugfolge von drei, vier oder fünf Zügen, manchmal auch mehr, das Schachmatt erfolgen muss. Schon die Araber im 10. Jahrhundert erfreuten Schachspieler mit gut lösbaren Schachaufgaben, den sogenannten Mansuben. In späteren Jahrhunderten verbreiteten sich Problemschachstellungen für Wettkämpfe als lohnende Geldquelle. Erst im 18.Jahrhundert erschienen über Zeitungen und Schachbücher Problemschachstellungen und Studien, die auch für normale Schachspieler schwieriger zu lösen waren und damit für die Entwicklung des Schachverständnisses von Nutzen waren. Als eigenständige Disziplin des Schachs etablierte sich Problemschach im 20.Jahrhundert. Und auch hier mit Wettkämpfen, Auszeichnungen und Prämien für besonders gelungene Kompositionen und Studien. Seit 1972 sogar Vergabe von Großmeistertiteln, Titel Internationaler Meister und FIDE-Meister für den künstlerischen Wert von Schachkompositionen. Inzwischen wurde der Großmeistertitel für Schachkompositionen 87-mal vergeben. Ab 1983 auch noch Vergabe von Großmeistertiteln für das Lösen von Schachaufgaben. Diese Titelvergabe erfolgte bis heute 38-mal.
In diesem Metier bewegte sich der Stralsunder Fernmeldetechniker Claus-Dieter S., der es dank vieler Veröffentlichungen in der „Ostseezeitung“ zu einem hohen Bekanntheitsgrad gebracht hatte.
Unterstützung erhielt Claus-Dieter S. von einem journalistisch tätigen Schachfreund Gerhard Peter, der regelmäßig in der Ostseezeitung über die Welt des Problemschachs berichtete und wahre Lobeshymnen über den Geistesakrobaten S. verbreitete. Dazu passte auch die Meldung, dass die Schachorganisation OPCF (Orthodox Problem Chess Foundation ) in seiner Europarangliste von 2004 ihn auf einem ausgezeichneten Platz 4 führte. Bei so viel Erfolg konnte auch der TSV 1860 Stralsund nicht untätig sein und wählte S. zum Vorsitzenden des Vereins. Zuvor war ihm schon die bronzene Ehrennadel des Landesschachverbandes verliehen worden. Überhaupt war das Jahr 2004 für die sportliche Karriere von S. ein besonders erfolgreiches. Auf des Homepage des TSV 1890 war von S. zu lesen: „ Der Höhepunkt meiner sportlichen Laufbahn war die Olympiade in Athen gewesen.“ Bei einem Demonstrationswettbewerb habe er „alles gegeben für unsere Sportart, auch für Stralsund“. Zusammen mit Prof. Bill Farmer (USA), Nikolei Garnejew (Russland) und Ole Lars (Finnland) war die Schönheit ihrer sportlichen Disziplin vorgeführt worden. Überhaupt war der Russe Garnejew in weiteten Berichten als einer der hartnäckigsten Gegner von S. beschrieben. In einem Turnierbericht wird Garnejew mit den Worten zitiert, er habe nur gewinnen können, weil S.
„in der Endphase zu viel Respekt vor mir hatte.“ Diese Berichte, im Verein mit den Lobpreisungen seines Schachfreundes Gerhard Peter, waren so erfolgreich, dass S. im Februar 2005 zum Sportler des Jahres gewählt wurde. Das Ende des Höhenflugs von S. nahte unglücklicherweise im Frühjahr 2005 in Gestalt des Brandenburger Schachspielers Olaf Teske, der beim Ostseeurlaub die Ostseezeitung las und auf die Berichte über Claus-Dieter S. stieß. Wieder zu Hause angekommen, recherchierte er darüber im Internet und stieß nur auf Fehlmeldungen. Auch weiter führende Nachforschungen brachten kein Ergebnis. Das Fazit: Alles Schwindel, alles Fantasieprodukt. Eine wahrhaft münchhausenhafte Selbstdarstellung trat zutage. Es gab weder einen Demonstrationswettbewerb in Athen, auch die genannten Problemschachlöser gibt es nicht, ebenso ist eine Schachorganisation OPCF nicht existent. Und sogar der so treue journalistisch tätige Schachfreund Gerhard Peter entpuppte sich als Claus-Dieter S. selbst.
J.Fritzsche
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